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  • AutorenbildWalter Gasperi

Oeconomia


Wie entsteht Geld? Wie hängen Vermögenssteigerung und Verschuldung zusammen? – Klingt nach trockener Materie, doch Carmen Losmann macht daraus einen nicht nur bestechend klar aufgebauten, sondern auch spannenden und erhellenden Dokumentarfilm.


Nachdem Carmen Losmann mit "Work Hard - Play Hard" 2011 einen ebenso kühlen wie klaren Dokumentarfilm über die Veränderungen der modernen Arbeitswelt vorlegte, widmet sie sich nun der Geldwirtschaft und den Spielregeln des Kapitalismus.


Mit ihrem Voice-over führt sie nicht nur in den Film ein, sondern fasst auch immer wieder mit Schautafeln und Schriftinserts auf ihrem Computer Erkenntnisse zusammen, bringt Aussagen der Interviewpartner auf den Punkt. Gleichzeitig thematisiert sie dabei auch immer wieder die Schwierigkeiten bei der Recherche, die Weigerung Interviews zu geben oder das Verbot in Konferenzräumen zu filmen.


So transparent die von Glas und Stahlbeton dominierten mächtigen Banken und Firmengebäude auch wirken mögen, hinter die Fassaden lassen die Chefs doch kaum blicken. Gleichzeitig strahlen diese statischen Ansichten, die visuell "Oeconomia" den Stempel aufdrücken, mit ihrem Blau, Grau und Weiß eine Kälte und Nüchternheit aus, die auch diese Geschäftswelt kennzeichnet.


Als zweite Ebene neben den Grafiken und ihrem eigenen Kommentar arbeitet Losmann mit einem Monopoly-Spiel, das eine Wirtschaftsjournalistin, ein Physiker und weitere Personen in einer Fußgängerzone spielen und einen kritischen Außenblick auf die Mechanismen des Kapitalismus liefern.


Als Kernstück des Films darf man aber die Interviews mit Bankern und Finanzchefs ansehen. Beginnend mit dem simulierten Gespräch zur Vergabe eines Privatkredits zeigt Losmann auf, wie Geld durch Vergabe eines Kredits - und damit durch Schulden – geschaffen wird. Vom privaten Beispiel weitet sie den Blick zu Finanzvorständen und Vermögensverwaltern und macht sichtbar, wie Wachstum das einzige Ziel des Wirtschaftens ist.


Immer wieder kommt "Oeconomia" dabei zum paradoxen Kreislauf von Wachstum und Verschuldung zurück und bringt schließlich auch die Staaten ins Spiel, die sich durch Anleihen verschulden, um Arbeitsplätze zu sichern und Sozialleistungen zu finanzieren. Gleichzeitig begeben sie sich aber durch die Anleihen in Abhängigkeit von privaten Kreditgebern, die wiederum nur an Profit orientiert sind und deshalb Investitionen in Bildung, Soziales oder Ökologisierung der Wirtschaft blockieren.


Vom Kleinen bewegt sich dieser Dokumentarfilm so zum Großen, arbeitet nicht nur heraus, wie das kapitalistische Wirtschaftssystem, in dem der Schuldner der zentrale Akteur ist, ohne den nichts läuft, früher oder später kollabieren muss, sondern auch wie es die Ausbeutung der Ressourcen der Erde befeuert.


Losmann polemisiert dabei nicht, sondern bleibt so nüchtern und sachlich wie schon in "Work Hard – Play Hard". Durch die konzentrierte Inszenierung, den bestechend stringenten Aufbau, die punktgenauen Interviews und nicht zuletzt die illustrierenden und zusammenfassenden Grafiken fesselt "Oeconomia" dabei nicht nur, sondern bietet auch einen sehr anschaulichen Einblick in die Funktionsweise des Kapitalismus und der Geldwirtschaft, deren Widersprüchlichkeit auch dadurch sichtbar wird, dass selbst die von der Regisseurin befragten Fachleute schließlich teilweise nicht mehr zu antworten wissen.


Wird vom FKC Dornbirn am Donnerstag, den 1. April um 17.30 Uhr im Cinema Dornbirn gezeigt.


Trailer zu "Oeconomia"


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