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AutorenbildWalter Gasperi

Nebenan

Aktualisiert: 25. Juli 2021


Schauspieler Daniel Brühl legt sein Regiedebüt als Kammerspiel an, in dem sich Brühl nicht nur über sein Image als Schauspieler lustig macht, sondern auch die Spannungen zwischen neureichen Wessies und wütenden Wendeverlierern aus der ehemaligen DDR aufdeckt. – Großartig von Brühl und Peter Kurth gespielt und von Daniel Kehlmann geschrieben, bleibt allerdings die Konstruktion immer spürbar.


Mit Wolfgang Beckers Wendefilm "Good Bye, Lenin!" wurde Daniel Brühl 2003 zum Star. Internationale Engagements von Quentin Tarantinos "Inglourious Basterds" (2009) über Ron Howards Formel 1-Film "Rush" (2013) bis zum Marvel-Superhelden-Film "The First Avenger: Civil War" (2016) folgten. Aber auch in deutschen Filmen wie Wolfgang Beckers Daniel Kehlmann-Verfilmung "Ich und Kaminski" (2015) spielte der 43-Jährige eine Hauptrolle. Die Freundschaft, die seit diesem Film den Schriftsteller und den Schauspieler verbindet, führte dazu, dass Brühl Kehlmann bat, seine Idee zu einem Drehbuch auszubauen.


Unübersehbar seine eigene Biographie bringt der Regiedebütant mit seiner Rolle als Schauspieler, der zudem noch Daniel heißt, ins Spiel. Wie Brühl selbst wohnt diese Filmfigur mit seiner Familie in einer schicken Dachwohnung am Prenzlauer Berg. Ungestört möchte er am Morgen noch im Fitnessraum trainieren und für die Rolle für das nachmittägliche Casting für einen Superhelden-Film in London proben, doch trotz spanischer Hausangestellter stören ihn seine beiden Kinder, während seine Frau schläft. So verlässt er über den Außenlift, den nur die Familie benützen kann, die Wohnung und will die Zeit bis zum Flug in einer Kneipe in der es morgens noch ruhig ist, nützen, um seinen Text zu studieren.


Neben der Bardame und einem unauffälligen Gast sitzt nur ein älterer Herr an der Theke. Dieser Bruno (Peter Kurth) verwickelt den Schauspieler aber bald in ein Gespräch, bei dem er zeigt, dass er nicht nur Daniels Filme bestens kennt.


Hinreißend persifliert Brühl zunächst sein Image als Schauspieler, denn nicht nur freundlich gibt sich dieser Daniel, sondern auch arrogant. Freut er sich zunächst über die Bitte um ein Autogramm, ist er sichtlich verärgert, als sich Bruno mit der entsprechenden Serviette den Mund abwischt. Auch dessen Kritik an einem Film über die DDR, die jedes Verständnis über diesen Staat vermissen lasse, erfreuen den Star nicht.


Während Daniel per Telefon mehr Informationen über die Rolle zu erhalten versucht, für die er vorsprechen soll, und die karge Textseite die Stupidität des geplanten Superhelden-Films offenlegt, verunsichert ihn Bruno, der sich als sein Nachbar zu erkennen gibt, zunehmend mit detaillierter Kenntnis seines Privatlebens.


Die Dialoge sind perfekt geschrieben, herrlich harmonieren Brühl und Peter Kurth als nach außen ruhiger Ossie, in dem innerlich aber die Wut auf den neureichen Wessie brodelt. Bewundernswert klein hat Brühl seinen Film vom schlichten Titel bis zur Beschränkung der Handlung auf die Kneipe, einen Vormittag und zwei Protagonisten angelegt. Gleichzeitig hat man aber stets das Gefühl, dass hier im Grunde eine Kurzfilmidee ausgewalzt wurde.


Immer wieder neue Offenbarungen und Wendungen halten "Nebenan" zwar am Laufen, doch die Konstruktion – ein Vorwurf, den Bruno auch Daniels Stasi-Film macht - ist immer spürbar. Immer wirkt dieses Kammerspiel, das ganz vom Dialog lebt, auf die Wendepunkte hin angelegt, nie organisch, sondern am Reißbrett entworfen. So treffend Brühl / Kehlmann so auch Einblick bieten in das Verhältnis von Wessies und Ossies, von Gentrifizierung und wachsendem Unmut der alteingesessenen Ost-Berliner, die durch die Wende nichts gewonnen, sondern nur verloren haben, so entwickelt diese schwarze Komödie doch letztlich wenig Leben und bleibt ziemlich papieren.


Läuft derzeit in den Kinos, z.B. im Cinema Dornbirn


Trailer zu "Nebenan"


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