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  • AutorenbildWalter Gasperi

Humanistisches Multitalent: Zum 100. Geburtstag von Peter Ustinov


Peter Ustinov (1921 - 2004)

Filmisch bleibt der 2004 verstorbene Peter Ustinov vor allem als Kaiser Nero und Meisterdetektiv Hercule Poirot in Erinnerung. Aber auch als Autor und UNICEF-Sonderbotschafter machte sich der Kosmopolit, der am 16. April 100 geworden wäre, einen Namen.


Wie wohl kein anderer Schauspieler hat Peter Ustinov mit seiner Verkörperung des Kaiser Nero in Mervyn LeRoys Monumentalfilm "Quo Vadis" (1950) das Bild einer historischen Figur bei der breiten Masse geprägt. Gerade bei Persönlichkeiten, über die es aufgrund ihrer weiter zurück liegenden Lebenszeit kein Bildmaterial gibt, kommt dem Film entscheidende Bedeutung zu. Wie sehr Nero und Ustinov in diesem Film zu eins wurden, zeigt auch schön Gerhard Polts Sketch "Der Kaiser Nero".


Der schlechte Ruf, den Nero schon bei den antiken Schriftstellern Tacitus und Sueton hatte, wurde durch diesen großen Hollywoodfilm weltweit verstärkt. Untrennbar ist sein Name seither mit Wahnsinn, Brandstifter Roms und grausamem Christenverfolger verknüpft, obwohl moderne Historiker Neros Schuld am Brand Roms bezweifeln.


Die Nachwirkung dieser Rolle Ustinovs, den Produzent Sam Zimbalist zunächst ablehnte, da er den 30-Jährigen für zu jung hielt, ist freilich auch dem hemmungslos outrierenden Spiel des gebürtigen Briten geschuldet. Wie er diesen Kaiser zwischen kindlich-naiv auf der einen Seite und brutal auf der anderen Seite, als sich selbst hoffnungslos überschätzenden Künstler und wahnsinnigen Herrscher spielte, vergisst man nicht so schnell.


Gab es hierfür schon einen Golden Globe und eine Oscar-Nominierung, so folgte neun Jahre später der Oscar für den besten Nebendarsteller für seine Darstellung des Leiters einer Gladiatorenschule in Stanley Kubricks "Spartacus" (1960) sowie ein weiterer nochmals vier Jahre später für seine Darstellung eines etwas trotteligen Kleinganoven in der Gaunerkomödie "Topkapi" (1964).


Doch neben seinem Kaiser Nero sind es nicht diese Oscar-Rollen, durch die Ustinov in Erinnerung bleibt, sondern seine Verkörperung des belgischen Meisterdetektivs Hercule Poirot in den Agatha-Christie-Verfilmungen "Death on the Nile" (1978), "Evil Under the Sun" (1982) und "Appointment with Death" ("Rendezvous mit einer Leiche", 1988) sowie in drei Fernsehproduktionen. Die Idealbesetzung für diesen hochgebildeten, genialen, aber auch sehr arroganten Ermittler war dieses Multitalent, dem das Weltbürgertum in die Wiege gelegt worden war.


Geboren wurde er als Sohn eines russischstämmigen deutschen Diplomaten und einer französischstämmigen Bühnenbildnerin zwar am 16. April 1921 in London, doch evangelisch getauft wurde er im deutschen Schwäbisch Gmünd. In seiner Abstammung finden sich auch schweizerische, italienische und sogar äthiopische Wurzeln, erzogen wurde er mehrsprachig in Englisch, Russisch, Deutsch und Französisch, später kamen Italienisch, Spanisch, Neugriechisch und Türkisch dazu.


Eine große Rolle hatte er auch in Max Ophüls´ Meisterwerk "Lola Montez" (1957), beschränkte sich aber nicht auf die Schauspielerei, sondern führte auch selbst Regie bei der Herman Melville-Verfilmung "Billy Budd" ("Die Verdammten des Meeres", 1962) und inszenierte auch Opern wie "Die Zauberflöte" und "Don Giovanni" und eigene Theaterstücke.


Denn Ustinov trat auch als Schriftsteller in Erscheinung, schrieb neben Theaterstücken Romane, Novellen und Drehbücher, trat auch immer wieder im Fernsehen in Shows und Fernsehfilmen auf, setzte sich aber auch immer wieder für Frieden und Völkerverständigung ein und ab 1968 auch als UNICEF-Sonderbeauftragter für Kinder.


Ab 1961 besaß er neben der britischen Staatsbürgerschaft auch das Schweizer Bürgerrecht und 1990 wurde er von Queen Elizabeth zum Knight Bachelor, mit dem die Anrede "Sir" verbunden ist, ernannt. Für sein vielfältiges Engagement wurden ihm auch weltweit zahlreiche Orden und über ein Dutzend Ehrendoktorwürden verliehen.


Mit seiner Verkörperung von Friedrich dem Weisen im Historienfilm "Luther" (2003) knüpfte er mit seinem letzten Kinofilm nochmals an seine Herrscherrolle in "Quo Vadis" an. Dieser erklärte Kosmopolit, der am 28. März 2004 im Alter von 82 Jahren in einer Privatklinik bei Genf starb, kannte aber auch keine Scheu in einem Fernsehfilm nach Rosamunde Pilcher ("Wintersonne") eine Rolle zu übernehmen.


Ausschnitt aus "Quo Vadis": Nero als Brandstifter Roms



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