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  • AutorenbildWalter Gasperi

Fuchs im Bau


Ein neuer Lehrer soll in einem Jugendgefängnis eine erfahrene, aber unkonventionelle Kollegin beim Unterricht unterstützen. – Arman T. Riahi gelang ein von starken Schauspielern getragenes, nüchtern, aber dicht inszeniertes Drama über innere und äußere Gefängnisse.


Nach der Komödie "Die Migrantigen" legt Arman T. Riahi mit "Fuchs im Bau", der beim heurigen Filmfestival Max-Ophüls-Preis neben dem Preis für die beste Regie auch mit dem Preis der Jugendjury sowie dem Fritz-Raff-Drehbuchpreis ausgezeichnet wurde, einen ernsten Film vor. Wieder spielt aber das migrantische Milieu eine große Rolle. Fast nur Jugendliche mit einem migrantischen Hintergrund sitzen nämlich im Jugendgefängnis in der Klasse der erfahrenen Lehrerin Elisabeth Berger (Maria Hofstätter). Rassistische Beleidigungen sind hier an der Tagesordnung und Riahi beschönigt nichts.


Die Dominanz von Grau- und Grüntönen sowie die engen Räume und Gänge verstärken noch die beklemmende Stimmung. Nicht leicht ist es zu diesen Jugendlichen einen Zugang zu finden, doch Berger hat mit ihren unkonventionellen Methoden doch einen Weg gefunden. Zu ihrer Unterstützung bekommt sie den Lehrer Hannes Fuchs (Aleksandar Petrović) zur Seite gestellt, doch sie behandelt diesen zunächst wie ihren Laufburschen.


Kaum einmal verlässt "Fuchs im Bau" die Klasse und das Gefängnis. In diesem konzentrierten Blick auf das Unterrichtsgeschehen, aber auch in der migrantischen Gruppe erinnert dieser Film an Laurent Cantets "La Classe" ebenso wie im ungeschönt realistischen Blick. Eine großartige Besetzung hat Riahi nicht nur mit dem zurückhaltend agierenden Aleksandar Petrovic als Fuchs, Maria Hofstätter als Berger und Andreas Lust als Gefängnisdirektor gefunden, sondern auch die Jugendlichen sind großartig gecastet und spielen unglaublich authentisch.


Inspirieren lassen hat sich Riahi bei seinem Film, der zum Großteil im stillgelegten Bezirksgericht von Stockerau und dem angeschlossenen Gefängnis gedreht wurde, von den Erfahrungen des Gefängnislehrers Wolfgang Riebinger. Wohl auch dadurch wirkt "Fuchs im Bau" so echt und atmet Leben.


Aber das ist keine dokumentarische Schilderung, sondern im Kern geht es darum, wie Berger, die für ihre Schützlinge richtig blutet, auch wenn sie sich nach außen hin rau und anteilslos gibt, bei den Jugendliche einen Lernprozess auslöst. Bewusst machen muss sie ihnen zunächst, dass sie eben nicht chancenlos sind, sondern dass sie mit Bildung im späteren Leben mehr Chancen haben.


Normalen Unterricht gibt es dabei kaum, sondern Geographie, Physik und Mathematik vermittelt sie ihnen, indem sie sie in die Gefängnisküche mitnimmt und mit ihnen einen Apfelstrudel backt, das Gefühl dafür, was Freiheit ist, lässt sie sie spüren, indem sie eine Tür von zuhause mitbringt und sie durch diese – und damit quasi in die Freiheit – treten lässt. In Opposition zu diesen unkonventionellen Methoden steht der Gefängnisleiter, der konsequentes Einhalten der strengen Gefängnisordnung fordert.


So geht es um den Gegensatz von einengenden Regeln und Einpressung von Menschen in ein System und befreitem Leben auf der anderen Seite. Wie dies auch im Gefängnis möglich ist, zeigt "Fuchs im Bau" immer wieder, wenn der Kreativität der Schüler*innen freien Lauf gelassen wird. Stark ist hier vor allem die Schlussszene, in der Fuchs mit Klatschen und Trampeln ein furioses Konzert auslöst.


Dass es dieses Gefängnis aber auch außerhalb der Mauern gibt, macht das erst spät und nur bruchstückhaft angedeutete Schicksal von Fuchs deutlich, der nichts über sich preisgibt, oder auch das von Berger, in deren Wohnung Fotos von einem ganz anderen früheren Leben künden. Physisch mögen sie frei sein, doch innerlich sind sie gefangen in Schmerz und Trauma.


Auch als Buddie-Movie kann man den Film in der Entwicklung der Beziehung dieser beiden Lehrer*innen lesen: Reagiert nämlich Berger zunächst nur ablehnend auf Fuchs und stellt ihn vor den Schüler*innen bloß, so kommen sie sich langsam doch näher, verbünden sich im Engagement für die Schüler*innen. Beide finden freilich durch ihr Engagement für ihre Schützlinge auch wieder zu sich, aber auch der gesellschaftliche Background der Jugendlichen wird angerissen, wenn sich Fuchs besonders der verschlossenen Bosnierin Samira (Luna Jordan) annimmt und herausfindet, was sie gewalttätig werden ließ.


Das ist durch die Konzentration auf das Gefängnis, das Aussparen aller Neben- und Hintergrundgeschichten, vor allem aber durch das großartige Ensemble ein dichtes und engagiertes, ungeschminktes und realistisches Drama, das zwar nicht innovatives Kino bietet, aber mit starken Charakteren und klarer Fokussierung packt.


Läuft ab Freitag, 18.6. in den österreichischen Kinos, z.B. im Cinema Dornbirn.


Trailer zu "Fuchs im Bau"


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