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  • AutorenbildWalter Gasperi

Filmbuch: Drehli Robnik – Ansichten und Absichten

Aktualisiert: 9. Mai 2023


Der 36. Band der FilmmuseumSynemaPublikationen, der den Untertitel "Texte über populäres Kino und Politik" trägt, enthält 25 Texte des Wiener Essayisten und Filmkritikers Drehli Robnik. Der Bogen spannt sich vom Kirk Douglas-Porträt bis zu den modernen Horrorfilmen von Ari Aster und Jordan Peele und von Sam Fuller bis zu Steven Spielberg und Quentin Tarantino.


Klug hat Herausgeber Alexander Horwath, der im Vorwort den Autor Drehli Robnik sowie den Aufbau des Buches vorstellt, bei der Auswahl der 25 Texte auf möglichst große Vielfalt geachtet. Eingeleitet wird das Buch mit einem Essay über Siegfried Kracauers Verständnis von Realismus und Politik sowie einem Abschnitt, in dem Robnik, ausgehend von einzelnen Szenen, zehn Filme vorstellt. Damit wird gewissermaßen die Grundlage gelegt, denn einerseits bezieht sich Robnik immer wieder auf die Theorien Kracauers, andererseits stimmen die jeweils rund dreiseitigen Beschreibungen von Charles Laughtons "The Night of the Hunter" (1955) über Jacques Beckers "Le Trou" (1960) und Rainer Werner Fassbinders "Martha" (1975) bis zu Steven Spielbergs "Jaws" (1975) und Sam Fullers "The Big Red One" (1980) auf die Bandbreite des Buches ein.


Immer nah an den Filmen bleibt Robnik, wenn er Kirk Douglas als Schauspieler zwischen Handlungsexzess und Ohnmacht beschreibt oder anhand von "Playtime" Einblick in die demokratische Komik Jacques Tatis bietet, bei der Vorder-, Mittel- und Hintergrund gleich wichtig sind.


Dem Untertitel des Buches "Texte über populäres Kino und Politik" entsprechend fokussiert Robnik immer wieder auf einem mehr oder weniger versteckten politischen Gehalt. Bei den Beatles-Filmen Richard Lesters arbeitet er so die Rolle von Pop als Befreiungsprojekt heraus, untersucht bei Frank Capras während des Zweiten Weltkriegs entstandenem "Arsen und Spitzenhäubchen" die zeithistorischen Aspekte dieser Farce oder bei Steven Spielbergs "Saving Private Ryan", der in Beziehung zu Quentin Tarantinos "Inglourious Basterds" gesetzt wird, das Kontrafaktische.


Bei Sam Fullers Affektkino interessiert sich Robnik vor allem für die Mehrfach-Zugehörigkeiten der Figuren und die nationalen Uneindeutigkeiten, während er bei Stanley Kubrick dessen Realismus analysiert und die unterschiedlichen Facetten herausarbeitet, wie diese Filme Wirklichkeit erfahrbar machen.


Der unterschiedlichen Rolle von Straßen in Filmen widmet sich ebenso ein Essay wie der Auswirkung des Blockbuster-Kinos und der neuen Kinoketten auf die Stadtarchitektur, aber auch ein Streifzug durch die Rolle der Gitarre im Spielfilm als virilem Instrument fehlt nicht.


Fünf Texte beschäftigen sich mit dem österreichischen Kino. Der Bogen spannt sich hier von einem Vergleich mehrerer Fassungen von "Das weiße Rössl", bei dem parodistische, aber auch faschistische Elemente herausgearbeitet werden, über die 1960er Jahre Sexkrimis Eddy Sallers bis zu Ulrich Seidls "Hundstage".


Wie Robnik im Essay über William Wylers "The Best Years of Our Lives" (1946) und George Stevens "A Place in the Sun" (1951) einerseits auf dem Einfluss durch den Kalten Krieg, andererseits durch Kriegserfahrungen der beiden Regisseure fokussiert, so untersucht er bei den Horrorfilmen von Jordan Peele das Bild und die Rolle der Gesellschaft und des Volkes.


So öffnen der Blick des Autors auf jeweils spezielle Aspekte und die detailreichen Analysen, bei denen der Autor mit seinem immensen filmgeschichtlichen Wissen immer wieder ebenso überraschende wie spannende Querverbindungen herstellt, immer wieder das Auge für neue Sichtweisen und wecken auch die Lust auf eine erste oder erneute Sichtung der besprochenen Filme.


Drehli Robnik, Ansichten und Absichten. Texte über populäres Kino und Politik, SYNEMA – Gesellschaft für Film und Medien, Wien 2022, 256 S., € 25,70, ISBN 978-3-901644-89-4


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