top of page
  • AutorenbildWalter Gasperi

Filmbuch: Die Neuerfindung des M. Night Shyamalan


Mit "The Sixth Sense" avancierte der indischstämmige US-Amerikaner M. Night Shyamalan als noch nicht einmal 30-Jähriger um die Jahrtausendwende zum Starregisseur. Nach weiteren Erfolgen kam mit Filmen wie "After Earth" und "The Last Airbender" der tiefe Fall, ehe "The Visit" und "Split" wieder eine Wende brachten. – Adrian Gmelch zeichnet die wechselvolle Karriere Shyamalans nach und arbeitet auch Entwicklungen heraus.


Wie ein Drehbuch für einen Hollywoodfilm liest sich die Karriere M. Night Shyamalans mit seinem kometenhaften Aufstieg, dem abrupten Absturz um 2010 und dem Comeback ab 2015. Diese Entwicklung interessiert auch Adrian Gmelch besonders, wie schon der Untertitel seines Buches „Wie sich ein einst gefeierter Filmemacher zurück an die Spitze kämpft“ zeigt. Auf das Vorwort mit der Schilderung seiner eigenen Entdeckung der Filme Shyamalans bietet Gmelch in der Einleitung einen allgemeinen kurzen Überblick über Karriere und Filmsprache des Porträtierten sowie den Aufbau seines Buches.


Im Kapitel Leben und Werdegang spannt der Autor anschließend den Bogen von Shyamalans Kindheit im Spannungsfeld von amerikanischer und indischer Kultur und seinen filmischen Anfängen über den Durchbruch mit dem Mysterythriller "The Sixth Sense" (1999) und die Erfolge mit "Unbreakable" (2000) und "Signs" (2002) bis zu dem weitgehend harsch verrissenen "Lady in the Water" (2006).


Ausführlich schildert Gmelch die Produktionsgeschichten, die Budgets und die Honorare für die Schauspieler*innen sowie die Auseinandersetzungen mit den Studios, informiert über die Einspielergebnisse und bietet mit Zitaten aus Rezensionen Einblick in die Rezeption der Filme. Stilistische Besonderheiten und wiederkehrende Themen werden herausgearbeitet und im Kapitel "Der ‚alte‘ Shyamalan" werden auch zentrale Mitarbeiter wie der Komponist James Newton Howard oder der Kameramann Tak Fujimoto kurz vorgestellt.


Sehr faktenreich und ausgiebig durch Quellen belegt ist die Darstellung, doch wirklich tiefschürfende Analysen der Filme gibt es leider nicht. Hauptproblem ist, dass Gmelch den Inhalt der Filme als bekannt vorauszusetzen scheint und nicht aus der detaillierten Filmbeschreibung heraus Rückschlüsse ableitet. Förmlich in der Luft hängen so, zumindest für Leser*innen, die mit dem Inhalt der Filme nicht vertraut sind, viele Anmerkungen und Erklärungen.


Dieses Manko zieht sich durch das ganze Buch, bestimmt auch das Kapitel über Shyamalans missglückten Hollywood-Blockbuster "The Last Airbender" (2010) und "After Earth" (2013) sowie den umfangreichen Abschnitt zur "Neuerfindung Shyamalans". Wenig ergiebig ist hier auch der Versuch mit Einstellungslängen und Zahl der Einstellungen sowie dem Vergleich von Filmlängen dem Kern der Filme nahe zu kommen. Weil detaillierte Filmanalysen fehlen, bleibt vieles beliebige Behauptung.


Während sich in der ersten Hälfte des Buches nur sehr wenige Abbildungen finden, werden im Kapitel "Die Neuerfindung" mit Filmstills Vergleiche zwischen früheren und neuen Filmen des Regisseurs, aber auch der Einfluss David Lynchs aufgezeigt und spezielle Bildkompositionen visualisiert. Exkurse widmen sich nicht nur diesem Einfluss Lynchs, sondern auch Shyamalans Arbeit mit Rückblenden und ausführlich gesellschaftspolitischen Aspekten der Filme wie der Rolle der Natur oder von Minderheiten.


Während die für Apple TV+ gedrehte TV-Serie "Servant" ausführlich behandelt wird, kann es auf Shyamalans neuesten Film "Old" aufgrund des Erscheinungsdatums des Buches nur eine Vorschau geben. Die Spekulationen Gmelchs über diesen Film, bei dem von der Verfilmung einer "Graphik-Novelle" statt Graphic Novel die Rede ist, sind angesichts des Filmstarts inzwischen freilich überholt.


Die Tendenz zu Faktenreichtum bei gleichzeitig fehlender Tiefenbohrung kommt auch durch den Anhang mit Tabellen zur Anzahl der Einstellungen und Einstellungslängen, zu Anzahl der Rückblenden sowie zu Produktionskosten und Einspielergebnissen zum Ausdruck. Auch eine ausführliche Filmographie und Bibliographie fehlen nicht.


Insgesamt bietet „Die Neuerfindung des M. Night Shyamalan" so eine Fülle an Material und Informationen, eine wirklich befriedigende Analyse des Werks des 51-Jährigen bleibt der Autor aber schuldig.



Adrian Gmelch, Die Neuerfindung des M. Night Shyamalan. Wie sich ein einst gefeierter Filmemacher zurück an die Spitze kämpft, Büchner-Verlag, Marburg 2021, 326 S., € 29, ISBN 978-3-96317-260-1 (Print) (ePDF: € 25, ISBN 978-3-96317-800-9)



bottom of page