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  • AutorenbildWalter Gasperi

Die Dohnal


Sabine Derflinger zeichnet mit Archivmaterial und Interviews ein großes Porträt der österreichischen Feministin und Frauenministerin Johanna Dohnal und verbindet ihr Engagement in den 1980er und 1990er Jahren mit dem heutigen Engagement von Frauen.


„Die Dohnal“ – schon der Titel ist quasi Programm, hebt die Protagonistin auf einen Sockel, verleiht ihr gleichzeitig Profil, macht sie zu einer Frau, die für etwas steht, klare Positionen vertritt und auch entschlossen agiert. Sie ist jemand, den man lieben oder ablehnen kann, nur neutral bleiben kann man nicht gegenüber dieser österreichischen Frauenrechtlerin, die von 1979 bis 1990 Staatssekretärin für allgemeine Frauenfragen und von 1990 bis 1995 erste Bundesministerin für Frauenangelegenheiten war.


Kein klassischer Porträtfilm ist das aber, denn Sabine Derflinger zeichnet nicht das Leben von Johanna Dohnal (1939 – 2010) nach. Nur beiläufig erfährt man, dass sie als lediges Kind aufwuchs, nichts erfährt man über ihre politische Sozialisation, über ihren beruflichen Werdegang, über ihre erste Ehe und Scheidung oder ihr Leben nach dem Ausscheiden aus der Regierung.


Der Fokus liegt ganz auf der Zeit ihrer Regierungsbeteiligung und ihrem Einsatz für die Rechte der Frauen. Untrennbar ist ihre Person mit diesem Engagement verbunden. Vom Ausscheiden aus der Regierung blickt Derflinger auf ihre Leistungen zurück, ist dabei aber nicht an einer Chronologie interessiert, sondern fokussiert auf Inhalten.


Durch Interviews mit Frauen von heute, die Einblick in ihre Wahrnehmung Johanna Dohnals bieten, und dem Hinweis auf das Frauenvolksbegehren von 2018 spannt die Regisseurin den Bogen vom Historischen zur Gegenwart. Sie macht die Bedeutung und Nachwirkung dieser Galionsfigur der österreichischen Frauenbewegung sichtbar, macht immer noch bestehende Defizite sichtbar und zeigt auch auf, wie in den 1980er und 1990er Jahren mühsam erkämpfte Rechte und Sozialleistungen in Zeiten des Neoliberalismus und rechts-konservativer Regierungen bedroht sind und vielfach abgebaut wurden und werden.


Derflinger selbst hält sich völlig zurück, skizziert mit wenigen Inserts die politische Entwicklung von Bruno Kreisky, der die Bestrebungen Dohnals unterstützte, über einen zunehmend konservativen Kurs unter Bundeskanzler Fred Sinowatz bis hin zu Franz Vranitzky, unter dem Johanna Dohnal aus der Regierung gedrängt wurde.


Während Dohnals Lebensgefährtin Annemarie Aufreiter, ihre Tochter und Enkelin, Mitarbeiter, aber auch ihr Chauffeur, die deutsche „Emma“-Herausgeberin Alice Schwarzer oder ehemalige Regierungsmitglieder von Ferdinand Lacina bis Franz Vranitzky und Maria Rauch-Kallat einen Blick von außen auf Johanna Dohnal bieten, werden mit einer Fülle von Archivmaterial aus Fernsehsendungen wie „Zeit im Bild“, „Pressestunde“, „Club 2“ oder „Prisma“ diese unermüdliche Kämpferin für die Rechte der Frauen, aber auch ein Stück Mediengeschichte wieder lebendig.


Die Kunst dieses Films besteht in der Perfektion, mit der dieses punktgenau ausgewählte Archivmaterial mit der Fülle an Interviews verknüpft wird. Präzise und plastisch wird damit Einblick in den Kampf und die zentralen Erfolge Dohnals geboten, die gegen Geschlechterklischees und traditionelle Rollenbilder kämpfte, sich für Vaterkarenz einsetzte und die Einführung von Mutterschutz und Karenzgeld auch für Bäuerinnen und Selbstständige ebenso erreichte wie die Errichtung von Frauenhäusern sowie die Bestrafung von Vergewaltigung in der Ehe gleich wie außereheliche Vergewaltigung.


Immer wieder geht es dabei um die Befreiung der Frau aus der ökonomischen Abhängigkeit vom Mann, um ihre finanzielle Absicherung, die Grundlage ist, um sich aus der Macht des Mannes zu befreien.


Unübersehbar auf die Gegenwart gemünzt ist dabei die Kritik Dohnals, die die Abschaffung des traditionellen Grußes „Freundschaft“ sehr traf, an der Entwicklung der SPÖ. Scharf verurteilte sie das zunehmende Vernachlässigen der sozialen Dimension und forderte von ihrer Partei eine ehrliche Politik, die die soziale Lage sieht und nicht nur auf Wirtschaftlichkeit blickt, sondern sich auch entschlossen für soziale Leistungen einsetzt.


Wird am Spielboden Dornbirn am Mittwoch, den 5.2. und am Dienstag, den 18.2. gezeigt sowie vom TaSKino Feldkirch im Kino Rio vom Samstag, den 22.2. bis Mittwoch, den 26.2.


Trailer zu "Die Dohnal"



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