
Afrikanische Killerbienen greifen die USA an: Irwin Allens 1978 entstandener Mix aus Tierhorror- und Katastrophenfilm, der bei Plaion Pictures als 10. Titel der Reihe "Creature Feature" in einem Mediabook in der 117-minütigen Kinofassung sowie in einer 152-minütigen Langfassung auf DVD und Blu-ray erschienen ist, wartet mit einer glanzvollen Besetzung auf, bietet aber vor allem sehr trashige Unterhaltung.
Neben Katastrophenfilmen wie "Die Höllenfahrt der Poseidon" (1972) "Flammendes Inferno" (1974) und "Erdbeben" (1974) boomte in den 1970er Jahren nach dem Erfolg von Steven Spielbergs "Der weiße Hai" (1974) auch der Tierhorror.
Nachdem in den 1950er Jahren Atombombentests und Radioaktivität das übermäßige Wachstum von Ameisen ("Formicula"; Gordon Douglas, 1954) und Spinnen ("Tarantula"; Jack Arnold, 1955) ausgelöst hatten, wurden im Kino der 1970er Jahren teilweise die Umweltverschmutzung für die Mutationen in der Tierwelt ("Frösche – Killer aus dem Sumpf", George McCowan, 1972; "Mörderspinnen", John "Bud" Carlos, 1977), aber auch kosmische Phänomene ("Phase IV"; Saul Bass, 1974) verantwortlich gemacht, oder aber die Ursachen blieben wie in Irwin Allens "Der tödliche Schwarm" ungeklärt.
Unzweifelhaft spiegelt sich in dieser Blüte von Katastrophen- und Bedrohungsszenarios die tiefe Verunsicherung der durch das Vietnam-Debakel und den Watergate-Skandal erschütterten US-Gesellschaft der 1970er Jahre. Gleichzeitig kann man im Angriff afrikanischer Killerbienen in "Der tödliche Schwarm" auch eine Angst vor dem Fremden – und vor Migrant:innen - sehen, gegenüber dem die USA sich abzuschotten und das man zu bekämpfen versucht.
Nachdem sich Irwin Allen schon ab 1960 mit der Regie bei den Science-Fiction- und Katastrophenfilmen "Versunkene Welt" (1960), "Unternehmen Feuergürtel" (1961) und "Um 9 Uhr geht die Welt unter" (1971) in dem Genre einen Namen gemacht hatte, erwarb er sich in den 1970er Jahren als Produzent von "Die Todesfahrt der Poseidon", "Flammendes Inferno" und "Die Flut bricht los" (1976) den Ruf eines "Master of Disaster". Er selbst setzte sich aber erst 1978 für die Verfilmung von Arthur Herzogs 1974 erschienenen Roman "The Swarm" wieder auf den Regiestuhl.
Mit Richard Widmark, Henry Fonda, Olivia de Havilland, Fred MacMurray, José Ferrer und Ben Johnson konnten zahlreiche Altstars verpflichtet werden, die mit Michael Caine, Katharine Ross und Richard Chamberlain durch Vertreter:innen der nächsten Generation ergänzt wurden. Allen setzt aber ganz auf deren Starpräsenz, lässt ihnen aber keinen Platz ihren Charakteren Profil zu verleihen, sondern zieht es vor Bedrohungsmoment an Bedrohungsmoment zu reihen.
Durchaus Reiz hat der ansatzlose Einstieg mit einer etwa fünfminütigen dialoglosen Szene, in der Männer in Schutzanzügen in eine texanische Raketenbasis vordringen, bis sie im Kommunikationszentrum die tote Mannschaft finden. Mit Auftauchen des Insektenforschers Bradford Crane (Michael Caine) ist ein Konflikt zwischen dem Zivilisten und Wissenschaftler und dem Militär, das durch General Slater (Richard Widmark) verkörpert wird, vorprogrammiert, doch wirklich vertieft wird diese Opposition nicht.
Widerwillig akzeptiert Slater den Befehl seiner Vorgesetzten sich Crane unterzuordnen. Dieser lässt sogleich Experten einfliegen, die ein Serum oder ein Gift entwickeln sollen, um die Bienen zu bekämpfen. Diesen fieberhaften Bestrebungen stehen Angriffe der Bienen gegenüber, die zunächst zwei Militärhubschrauber zum Absturz bringen, dann ein Ehepaar vor den Augen ihres Sohnes töten, eine Kleinstadt angreifen und einen Zug zum Entgleisen bringen.
Nicht nur die Rückprojektionen bei der Zugfahrt und die Tricktechnik bei dessen Entgleisung sind schauderhaft schlecht, sondern zum Fremdschämen ist auch das Werben zweier älterer Herren um eine Lehrerin, die in Zeitlupe inszenierten Todeskämpfe der von den Bienen gestochenen Menschen oder die Fieberträume von Verletzten, die sich von Riesenbienen bedroht fühlen.
Wenn ein Atomkraftwerk in die Luft fliegt, soll einzig die eingeblendete Zahl der Todesopfer einen Schock auslösen, ziemlich lächerlich wirkt auch der Kampf gegen die Gefahr mittels Flammenwerfern und auch eine notdürftig eingebaute Liebesgeschichte ist alles andere als überzeugend.
Mit 21 Millionen Dollar Produktionskosten war das Budget für die 1970er Jahre sehr hoch. Doch weil keine Szene und keine Figur wirklich weiter entwickelt werden, kommt nie richtig Spannung oder Schrecken auf. Immerhin kann aber gerade die Hilflosig- und Lächerlichkeit dieser trashigen Produktion auch für Amüsement sorgen.
An Sprachversionen bieten die beiden bei Plaion Pictures in der Reihe "Creature Feature" in einem Mediabook erschienene Blu-ray bzw. DVD die englische Original- und die deutsche Synchronfassung sowie englische und deutsche Untertitel. Die Extras umfassen neben einem 22-minütigen, deutsch untertitelten Feature zur Entstehung des Films mit Informationen zum angeblich wissenschaftlichen Hintergrund, Einblicken in die Vorbereitungen und den Dreh von einigen Actionszenen ein achtminütiges Interview mit Regisseur Irwin Allen sowie den originalen amerikanischen Kinotrailer und eine Bildergalerie.
Dazu wird neben der 117-minütigen Kinofassung auf einer zweiten DVD / Blu-ray eine 152-minütige Langfassung angeboten, in der manche Szenen ausführlicher, manche ergänzt sind, die aber ansonsten den Film nicht gravierend verändert.
Trailer zu "Der tödliche Schwarm"
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