Still geworden ist es in den letzten Jahren um Peter Greenaway, doch im Kino der 1980er Jahren setzte er mit Filmen wie "The Draughtsman´s Contract" (1982) oder "The Cook, the Thief, His Wife & Her Lover" (1989) entscheidende Akzente. Das Filmpodium Zürich widmet dem Briten, der am 5. April 80 wurde, im Juli und August eine Filmreihe.
Schon fast 40 war Peter Greenaway, als er sein Spielfilmdebüt "The Draughtman´s Contract" (1982) drehte, galt aber danach sogleich als einer der Großen des Kinos. Der im 17. Jahrhundert spielende Kostümkrimi, um einen Landschaftsmaler, der zwölf Zeichnungen eines britischen Landsitzes anfertigen soll und dabei auf ein Verbrechen zu stoßen glaubt, gilt bis heute als der zugänglichste und vielleicht auch der beste Film des gebürtigen Walisers.
Unzweifelhaft enthält "The Draughtman´s Contract" aber schon zahlreiche Merkmale eines typischen Greenaway-Films. Da gibt es das Faible für Zahlen ebenso wie den kalten ironischen Blick auf die britische Barock-Gesellschaft und die Minimal-Musik von Michael Nyman, vor allem aber die sorgfältig komponierten Bilder und die Lust am Zitat.
Orientiert sich Greenaway hier neben der Barockmalerei an Stanley Kubricks Historienfilm "Barry Lyndon" und Michelangelo Antonionis "Blow Up", so dient ihm bei anderen Filmen vor allem die klassische Malerei als Vorbild. Großartige Tableaux sind ihm wichtiger als eine lineare Handlung. Nichts hält er vom Mainstream-Kino, bricht vielmehr deren Muster auf und strebt in seinen Filmen die Verbindung unterschiedlichster Künste an.
Geprägt hat ihn dabei wohl seine Herkunft von der Malerei und vom Filmschnitt. Nachdem er von der Filmschule des Royal College of Art in London abgelehnt worden war, arbeitete er nämlich vor seinem Langfilmdebüt zwölf Jahre lang am Central Office of Information als Cutter und Regisseur. Die dortigen Erfahrungen mit Ordnen und Kategorisieren ließ er nicht nur in seine in dieser Zeit entstandenen experimentellen Kurzfilme, sondern auch in seine langen Spielfilme einfließen.
So erzählt er in seinem dreistündigen Mockumentary "The Falls" (1980) 92 Kurzbiographien von Personen mit dem Nachnamen Fall. Ganz von Symmetrien und Zahlenspielen bestimmt wird "A Z and Two Noughts" (1985), in dem Greenaway in einer Fülle von Szenen über Evolution und Verfall sowie Leben und Kunst reflektiert, und auch in "Drowning by Numbers" (1986), in dem drei Frauen gleichen Namens ihre Männer ermorden und die Tat mit Hilfe eines Leichenbeschauers zu vertuschen versuchen, baute er die Zahlen 1 bis 100 in numerischer Reihenfolge in die Bilder und Dialoge ein.
Zu den großartigen Tableaux mit häufig symmetrischen Bildkompositionen, die auch "The Belly of an Architect" (1986) und "The Cook, the Thief, His Wife & Her Lover" (1989) kennzeichnen, kam mit "Prospero´s Book" (1991) und "The Pillow Book" (1996) vermehrt die Arbeit mit Schriftinserts und den Möglichkeiten des digitalen Films. Speziell in "Prospero´s Book" entfesselte Greenaway dabei einen Bildersturm, der mit seiner Fülle das Publikum regelrecht erschlägt und angesichts seines Zitatenreichtums erst nach mehrmaligem Sehen entschlüsselt werden kann.
Aufgebrochen hat Greenaway mit seinen Filmen, die in der Arbeit mit Malerei, Architektur, Literatur und Musik immer auch Gesamtkunstwerke sein wollen, die filmischen Erzählweisen, die seiner Meinung nach seit den 1960er Jahren nicht weiterentwickelt wurden. Gleichzeitig wandte er selbst sich mit seinen Filmen zunehmend stärker wieder der Malerei zu, setzte sich in "Nightwatching" ebenso mit Rembrandts "Nachtwache" auseinander (2007) wie in "Goltzius and the Pelican Company" mit dem niederländischen Drucker und Kupferstecher Hendrik Goltzius (1558 – 1616).
Zum multimedialen Großprojekt wurde "The Tulse Luper Suitcase" (2004), in dem in drei Spielfilmen, einer Fernsehserie und zahlreichen DVD und CD-Rom vom Leben des fiktiven Tulse Luper und seiner 92 Koffer erzählt wird. Aber der Brite, der mit seiner zweiten Frau in den Niederlanden lebt, inszenierte in den 1990er Jahren auch Opern in Amsterdam und Berlin und schuf Installationen und Gemälde, die unter anderem im Rijksmuseum Amsterdam und im Pariser Louvre gezeigt wurden.
Sieben Jahre nach "Eisenstein in Guanajuato" (2015), der sich Sergej Eisensteins Arbeit in Mexiko am Filmprojekt "Que viva Mexico" widmet, soll aber auch ein neuer Film vor der Fertigstellung stehen: In "Walking to Paris" erzählt Greenaway von der Wanderung Constantin Brâncusis von Bukarest nach Paris 1903, die ihn vom Hirtenjungen zum Künstler reifen ließ.
Weitere Informationen zur Filmreihe im Filmpodium Zürich finden Sie hier.
Trailer zu "The Draughtman´s Contract"
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