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AutorenbildWalter Gasperi

Bad Lieutenant


Harvey Keitel spielte vielleicht die Rolle seines Lebens in Abel Ferraras 1992 entstandener Studie eines innerlich völlig zerrissenen Cops. Schwer zu ertragen, aber auch von seltener Intensität ist dieser Film vor allem dank Keitels Mut zur Hässlichkeit und Selbstentäußerung. Bei Eurovideo ist dieses kompromisslose Meisterwerk auf Blu-ray erschienen.


Er hat so wenig wie die anderen Personen in diesem Film einen Namen - dieser Polizist, der dem Alkohol, dem Kokain und der Wettleidenschaft hoffnungslos verfallen ist, dieser Cop, der in jeder Szene im Bild ist, dieser etwa fünfzigjährige Bulle, der ein menschliches Wrack ist, psychisch zerstört, fix und fertig.


Am Morgen bringt er seine Kinder zur Schule, die Familie wird danach im Film nicht mehr auftauchen. Er snieft Koks, zieht sich Alkohol hinein, geht zu Ermittlungen an einem Mord-Schauplatz, staubt dabei nebenbei Drogen ab, hält zwei junge Frauen im Auto an, die er zu simuliertem Oralsex zwingt, während er masturbiert. Und schließlich muss er im Fall einer brutal vergewaltigten, mit dem Kruzifix entjungferten Nonne ermitteln, die zu seinem großen Erstaunen, ja Entsetzen, ihren Peinigern vergibt.


Die Begegnung mit dieser "reinen" Nonne erschüttert den Cop im Innersten und verzweifelt begibt er sich auf die Suche nach Vergebung und Erlösung, während seine Wettleidenschaft seine Schulden immer größer werden lässt. Davon erzählt die ebenso grandiose wie erregende Tonspur des Films. Die Finalserie der US-Baseball-Liga, in der die New York Mets, auf die der Lieutenant Unsummen setzt, einen hohen Vorsprung gegen die L.A Dodgers noch verschenken, begleitet akustisch den gesamten Film.


Die Handlungsfäden dienen Abel Ferrara vor allem zur Gestaltung eines unerbittlichen, düsteren Psychogramms einer zerstörten Person. Wie Harvey Keitel diesen Lieutenant spielt, das ist das Ereignis des Films - durch seine physische Präsenz, seine fiebrige Intensität und sein rücksichtslos offenes Spiel erreicht "Bad Lieutenant" eine beklemmende Dichte.


Auch die Inszenierung dient der Herausarbeitung dieses Charakters: lange Einstellungen und dann wieder abrupte Schnitte, harte Rockmusik, kaltes weißes und blaues Licht, ungeschönte Bilder von den Straßen New Yorks - alles wirkt hier rüde, aber gerade dadurch zwingend, beunruhigend, packend.


Diese Stringenz, die Kompromisslosigkeit und die physische Direktheit der Inszenierung - darin nur vergleichbar mit den Werken Sam Fullers - machen "Bad Lieutenant" zu einem extrem harten, erschütternden Film. Es gibt hier nur wenig offene Gewalt, aber dieser Einblick in die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele ist schwerer zu verdauen als jeder Horrorfilm und macht "Bad Lieutenant" zu einer zwar quälenden, aber auch lange nachwirkenden Erfahrung.


An Sprachversionen bietet die bei Eurovideo erschienene Blu-ray die englische Originalfassung und die deutsche Synchronfassung. Die Extras beschränken sich auf den Trailer zum Film.

Trailer zu "Bad Lieutenant"


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