Weil eine 18-jährige Trompeterin aus Klimaschutzgründen nicht fliegen will, trampt sie zu einem Vorspiel die 1500 Kilometer von den Lofoten nach Oslo: Von einer starken Protagonistin getragenes Roadmovie über die Unannehmlichkeiten, die man für Überzeugungen in Kauf nehmen muss.
Zu Schwarzfilm hört man, wie die 18-jährige Trine (Kornelia Melsæter) ihre Liebe zu Norwegen und dessen landschaftlichen Schönheiten bekennt, gleichzeitig aber auch die Umweltzerstörung und Ausbeutung der Ressourcen anprangert.
Aus Prinzip verweigert sie jede Flugreise, doch vor welche Herausforderungen sie dadurch gestellt wird, zeigt sich als die Trompeterin zu einem Vorspiel an das Opernhaus in Oslo eingeladen wird.
Immerhin 1500 Kilometer beträgt die Strecke von ihrem Heimatort auf den Lofoten und auch eine Zugfahrt lehnt sie ab, wird die Bahn doch mit Diesel angetrieben und kostet zudem doppelt so viel wie ein Flug. Um ihren ökologischen Fußabdruck möglichst gering zu halten, will Trine deshalb trampen. Dabei steht sie aber auch unter Zeitdruck, denn das Vorspiel findet in einer Woche statt.
Ein klassisches Roadmovie entwickelt der 1995 in Stuttgart geborene Laurens Pérol in seinem Langfilmdebüt. Der Absolvent der Wiener Filmakademie spannt den Bogen vom Beginn der Reise bis zur Ankunft in Oslo, verzichtet auf Nebengeschichten und fokussiert ganz auf den Begegnungen und Erfahrungen seiner Protagonistin. Deren Umweltengagement vermittelt Kornelia Melsæter ebenso überzeugend wie deren Verunsicherung und Frust über die vielen Beschwerlichkeiten, die diese Reise mit sich bringt.
Immer wieder steht sie nämlich in ihrer leuchtend gelben Regenjacke mit ihrer Reisetasche in der Hand und dem Instrumentenkoffer auf dem Rücken unter wolkenverhangenem Himmel bei Schneefall oder Regen am Straßenrand. Spärlich befahren ist diese Strecke allerdings, doch hin und wieder hält doch ein Wagen. So kommt sie langsam weiter, muss aber bei ihren Zwischenstopps auch immer wieder proben.
Alles andere als optimale Bedingungen findet sie dabei vor, muss sie doch mal in einem Fitnessraum, in dem sie ein älterer Mann, der sie ein Stück mitgenommen hat, übernachten lässt, Trompete spielen, dann im Keller einer Familie, aber auch in einem Stall, einer Kirche, auf einem verschneiten Feld oder in einem Parkhaus. Und auch die Mitfahrgelegenheiten sind nicht immer angenehm, entwickelt sich doch beispielsweise mit einem Mitarbeiter einer Bohrinsel ein heftiger Disput.
Ein spannender Kontrast ergibt sich aus Trines Spiel von Astor Piazzolas Stück "Oblivion" und der rauen norwegischen Landschaft, die Pérol und sein Kameramann Henrik Lande Andersen immer wieder ausgiebig ins Bild rücken. Im Wechsel von verregneten Bildern und in prächtigen Herbstfarben leuchtenden Bäumen, die durch das Sounddesign mit prasselnden Regentropfen und pfeifendem Wind an Intensität gewinnen, beschwört der Film die Schönheit der Natur. Gleichzeitig bezieht Pérol aber auch durch eingeschnittene Radionachrichten von einem mehrtägigen Prozess von Klimaschützern gegen die Ausbeutung der Natur entschieden gegen die Umweltzerstörung Position.
Teilweise dokumentarisch wirkt das dialogarme Roadmovie in der Schilderung dieser Reise, andererseits werden aber auch immer wieder poetische Traumbilder eingefügt, in denen sich Trine beispielsweise im Meer Trompete spielen und ihre Noten untergehen sieht.
Ob sie beim Vorspiel aufgenommen wird, ist schließlich gar nicht mehr so wichtig. Zentraler scheint, dass sie ihren Prinzipien und sich selbst treu geblieben ist und die Unannehmlichkeiten und Herausforderungen, die die ungewöhnliche Reise an sie gestellt hat, gemeistert hat. Ihr Umweltengagement korrespondiert dabei auch mit ihrer musikalischen Ausbildung, denn in beiden Bereichen gibt es Rückschläge und sind Erfolge nur durch Beharrlichkeit zu erreichen.
Gelöst und mit einem Lächeln kann sie so am Ende über den Platz vor der Oper spazieren und kann mit ihrem Beispiel auch das Publikum anregen, nicht immer den leichtesten Weg zu wählen und seine Überzeugungen nur verbal zu vertreten, sondern dafür auch Beschwerlichkeiten und Nachteile in Kauf zu nehmen. Leicht aufgewogen werden diese nämlich durch die innere Kraft und die Erfüllung, die man aus dieser Treue zu sich selbst und dem dabei geforderten Durchhaltevermögen gewinnt.
Üben, Üben, Üben - Å Øve Norwegen / Deutschland 2023 Regie: Laurens Pérol mit: Kornelia Melsæter Fride Snipsøyr Holøs. Trine Eilertsen, Eva Bühler, Sebastian Bühler Länge: 79 min.
Läuft derzeit in den österreichischen und deutschen Kinos TaSKino Feldkirch im Kino GUK: 29.9. bis 4.10. Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi 2.10., 20 Uhr FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 18.12., 18Uhr + Do 1.12, 19.30 Uhr
Trailer zu "Üben, Üben, Üben - Å Øve"
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